Die Geschichte der Pickelhaube
(Die einzelnen Teile des Helms)
Im Jahre 1842 wurde in der Preußischen Armee ein Helm
eingeführt, der bis zum heutigen Tage für viele noch immer nichts von
seiner Faszination verloren hat: Die - offiziell eigentlich niemals so
genannte - Pickelhaube. Über mehr als siebzig Jahre hat dieser Helm
wesentlich das äußere Erscheinungsbild des Deutschen Soldaten bestimmt;
zudem noch häufig von Polizei und Beamtenschaft getragen, wurde er
schließlich zum klassischen Symbol des Deutschen Kaiserreichs. Heute
gehören Helme dieser Art zu den begehrtesten militärischen
Sammelobjekten, der so genannten Militaria. Preise von mehreren tausend
Euro sind längst keine Seltenheit mehr. Wie schon erwähnt, gab es den
Begriff Pickelhaube nicht offiziell. Die damals gängige Bezeichnung in
Dienstvorschriften und anderen Unterlagen war schlicht und einfach Helm,
teilweise auch Lederhelm, Helm nach preußischer Probe etc.
Für
den Einsteiger in dieses Sammelgebiet ist es oft recht schwierig, die
grundlegenden Informationen zu finden, die er benötigt. Spezialliteratur
ist selten und teuer (wenn sich hier auch mit einigen Neuerscheinungen
mittlerweile eine Wende abzuzeichnen scheint), in allgemein zugänglicher
Literatur (wie etwa Lexika) sind meist keine ausreichend genauen Angaben
enthalten. Das war und ist der Grund für diese Webseite. Natürlich würde
eine umfassende Behandlung des Themas den hier möglichen Rahmen bei
weitem sprengen. Es gibt fast zahllose Variationen dieses Helmtyps, je
nachdem wann, in welchem Bundesstaat und in welchem Truppenteil er
getragen wurde. Daher ist hier nur eine allgemeine Einführung in diesen
Bereich mit den wichtigsten grundlegenden Informationen
möglich.
Auf der Seite "Geschichte" wird ein Überblick über
Einführung, Veränderung und Verwendung des Helms gegeben, dazu eine
Beschreibung der einzelnen Helmteile. Zahlreiche Hinweise für Sammler
und Tipps für die Identifizierung eines Helms gibt es bei
"Sammlerhilfen". Bilder von verschiedenen Helmen, Links,
Literaturangaben und mehr finden Sie unter "Bilder, Links etc.". Falls
Sie eine Frage haben oder Hinweise geben möchten, können Sie dies auf
der Seite "Kontakt" tun. Da diese Webseite von Zeit zu Zeit aktualisiert
wird, lohnt es sich übrigens, gerade bei den Helmbildern öfter mal
reinzuschauen.
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ausschalten und die Browser-Vollbildansicht verwenden. Zur optimalen
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sind nach bestem Wissen zusammengestellt, für den Inhalt kann jedoch
keine weitergehende Verantwortung übernommen werden.
Ein neuer Helm für Preußens
Armee
Mit dem
Aufkommen der Schusswaffen verloren die mittelalterlichen Rüstungen immer mehr
ihren Sinn. Diese Entwicklung machte auch vor dem Kopfschutz nicht halt. Die
schweren Metallhelme wurden mehr und mehr durch Hut ähnliche Kopfbedeckungen aus
Stoff (z.B. Zweispitz) ersetzt. Anfang des 19. Jahrhunderts war schließlich der
so genannte Tschako typisch für die europäischen Armeen geworden.
Er
wurde wiederum 1842 unter König Friedrich Wilhelm IV. in Teilen der Preußischen
Armee durch ein neues Helmmodell abgelöst, für das sich umgangssprachlich der
Begriff Pickelhaube einbürgerte (der Name kommt nicht von der Helmspitze,
sondern von einem mittelalterlichen Uniformteil, der Blechhaube). Der neue Helm
war aus gepresstem Leder gefertigt und mit Metallbeschlägen (Spitze, Wappen
etc.) versehen. Das Anfangsmodell sah nach heutigen Vorstellungen recht
eigenartig und unförmig aus, war es doch ungefähr doppelt so hoch wie die heute
allgemein bekannten und hier abgebildeten Helme aus der Kaiserzeit; zusammen mit
den Helmbeschlägen kam zudem ein erhebliches Gewicht zustande. Dennoch war die
Einführung ein Fortschritt: Der Helm war im Gegensatz zu früheren Ausführungen
genügend witterungsfest und bot Schutz vor Säbelhieben und Stichen, u.a. durch
die Spitze, durch die Säbelhiebe abgelenkt wurden. Ein Umstand, der nicht
unterschätzt werden sollte, da die Hieb- und Stichwaffen zur damaligen Zeit noch
durchaus gleichwertig neben den Schusswaffen zum Einsatz kamen.
Erkennungszeichen und Kopfschmuck rundeten die Funktionen des Helms ab. Er wurde
schließlich nach und nach von allen deutschen Staaten (zuletzt 1886 von Bayern)
und auch von einigen ausländischen Staaten übernommen. Das Ansehen und der
Einfluss Preußens auf militärischem Gebiet trug dazu sicherlich einen Gutteil
bei.
Der Helm wurde mit folgenden Ausnahmen von allen preußischen
Truppenteilen getragen: Die Husaren hatten eine Fellmütze, die Ulanen (leichte
Reiterei) eine Tschapka (ein Lederhelm mit flachem Deckel). Jäger, MG-Schützen,
Train (Nachschub) und die meisten Verkehrstruppen (Luftschiffer, Flieger usw.)
trugen den Tschako, die Artillerie trug den Lederhelm mit Kugel statt mit
Spitze. Bei den Kürassieren (schwere Reiterei) und Jägern zu Pferd war der Helm
nicht aus Leder, sondern aus Metall gefertigt. Da es in Bezug auf die getragene
Helmart im Laufe der Jahre auch Veränderungen und Umstellungen gab, können die
obigen Angaben nur allgemeiner Art sein. Auch die Lederhelme wichen durchaus von
einander ab, je nachdem von welcher Einheit sie getragen wurden (z.B. trug die
Garde im Unterschied zur Linieninfanterie einen besonderen Gardeadler als
Wappen, Pioniere hatten weiße Beschläge statt den sonst üblichen gelben,
Dragoner hatten einen eckigen Augenschirm statt eines runden
usw.).
Zeitliche
Entwicklung
Für den
preußischen Infanteriehelm ergaben sich im Laufe der Zeit einige Veränderungen,
die meist, wenn auch manchmal mit zeitlicher Verzögerung, von anderen
Truppenteilen und anderen deutschen Staaten übernommen wurden. Für Detailfragen
muss hier auf Spezialliteratur zurückgegriffen
werden.
1842: Einführung des Ursprungmodells M42, dessen
Höhe über die Modelle M57 und M60 auf die Hälfte vermindert
wurde.
1867: Tellerbeschlag statt Kreuzblattbeschlag.
Abrundung des Vorderschirms. Vorübergehende Abschaffung der
Hinterschiene.
1871: Wiedereinführung der Hinterschiene.
Offiziere erhalten Durchsteckrosetten (bis dato mit Schrauben befestigt, so auch
weiterhin für Mannschaften).
1887: Nur für den
Mannschaftshelm: Wulst statt Perlring um den Hals der Spitze. Lederriemen an
Hakenhalterung statt Schuppenkette. Vorübergehende Abschaffung der
Vorderschiene.
1891: Nur für den Mannschaftshelm:
Lederriemen wird durch Knopf 91 befestigt. Lederriemen mit Schiebe- statt
Dornschnalle. Wiedereinführung der Vorderschiene.
1895:
Nur für den Mannschaftshelm: Spitzenhals mit fünf statt zwei Belüftungslöcher.
Hinterschiene mit Lüftungsloch. Zur Gewichtsreduzierung Beschläge aus
Aluminiumbronze (Legierung aus Kupfer und Aluminium) statt aus
Messing.
1897: Einführung der Reichskokarde (rechts zu
tragen).
1915: Einführung des Modells M15. Graue
Beschläge aus eisenähnlichem Material (z.B. verzinktes Eisenblech). Abnehmbare
Spitze mit Bajonettverschluss.
Das Ende
Durch das Voranschreiten der Militärtechnik und Militärtaktik
tauchten mit der Zeit Probleme bei der Verwendung des Helms auf. Ein Nachteil
war seine relative Auffälligkeit durch die hohe Spitze, aber auch durch die
glänzenden Beschläge, insbesondere die Helmwappen. Bereits 1892 wurden daher
Helmüberzüge zu Tarnzwecken eingeführt, die bei Übungen und natürlich im
Ernstfall zu tragen waren. Teilweise waren auf ihnen die Nummern der Regimenter
angebracht, erst in rot, nach Kriegsbeginn dann in grün, schließlich wurden sie
ganz weggelassen. Bei dem ab Herbst 1915 ausgegebenen Helmmodell konnte an der
Front die Spitze über einen Bajonettverschluss abgenommen werden, die Beschläge
waren von unauffälligerer mattgrauer Farbe.
Das endgültige Aus des Helms
zeichnete sich aber bereits mit Beginn des Weltkrieges 1914 ab: Für das vorher
nie gekannte Millionenheer war er zu aufwendig in der Herstellung. Der riesige
Bedarf und die angespannte Rohstofflage führten zu abenteuerlichen
Konstruktionen, wobei Helme teilweise auch aus Filz und Stoff hergestellt
wurden. Andere Ersatzmaterialien waren v.a. Blech und Vulkanfieber. Dies sind
die so genannten Ersatzhelme. Die Beschläge wurden (um kriegswichtiges Kupfer zu
sparen) aus Eisen und ähnlichem hergestellt.
Der weitaus gravierendste
Nachteil, der schließlich zur Abschaffung des Helms führte, war jedoch, dass der
Helm gegen die hauptsächlich eingesetzten Waffen in diesem ersten modernen Krieg
praktisch keinen Schutz mehr bot. Eine Untersuchung ergab, dass der weitaus
größte Teil der schweren Kopfverletzungen nicht durch Infanteriemunition,
sondern durch kleine bis kleinste Artilleriesplitter hervorgerufen worden war.
Es wurde daher ein Stahlschutzhelm entwickelt, der ab 1916 an die Truppe
ausgegeben wurde. Der alte Lederhelm wurde nach und nach von der Front
zurückgezogen und verschwand zumindest an der Westfront nahezu völlig. Nach 1918
wurde er aus militärischen und politischen Gründen endgültig in der Armee
abgeschafft. Nur bei Polizei, so z.B. in Bayern, und Feuerwehr wurde der Helm
teilweise noch weiterhin getragen.
Einordnung
des Helms
Zur
Unterscheidung der einzelnen Staaten diente vor allem Helmwappen und Kokarde.
Die militärisch wichtigsten Staaten im Deutschen Kaiserreich waren:
- Preußen
(Wappen: Adler, Kokarde: schwarz-weiß-schwarz)
- Bayern (zwei Löwen mit
Wappenschild in der Mitte, weiß-blau-weiß)
- Sachsen (Stern mit Wappenschild,
weiß-grün-weiß)
- Württemberg (Löwe und Hirsch mit Wappenschild in der Mitte,
schwarz-rot-schwarz)
- Baden (Greif, gelb-rot-gelb)
- Hessen (Löwe,
weiß-rot-weiß-rot-weiß)
Daneben gab es noch 20 kleinere
Staaten.
Mannschaftshelme sind im Gegensatz zu Offiziershelmen, die von
diesen privat beschafft werden mussten, oft mit Truppenabnahmestempel versehen.
Diese geben i.d.R. das Armeekorps (B.A. III = Bekleidungsamt 3. Armeekorps)
und/oder das Regiment (J.R. 115 = 115. Infanterieregiment) an. Manchmal sind
noch zusätzliche Informationen, wie z.B. Helmgröße und Herstellungsjahr
enthalten. Außer den Abnahmestempeln unterscheiden sich Offiziershelme von
Mannschaftshelmen u.a. noch in folgenden Punkten:
- bei Offizieren vergoldete
bzw. versilberte Helmbeschläge
- generell Schuppenketten; feineres,
weicheres Leder
- Spitze meist höher und oft mit Sternschrauben anstelle von
Splinten befestigt
- Vorderschirm innen grün, Hinterschirm rot gefüttert;
Innenfutter aus Seide statt Leder
- Offizierskokarden meistens mit
aufgelegten, zweifach unterteilten Ringen
Helmwappen
Der deutsche Stahlhelm
als Nachfolger der
Pickelhaube
Im 19. Jahrhundert wurde die Pickelhaube zur typischen
Kopfbedeckung der preußischen Armee. Zwar gab es nach wie vor Ausnahmen, z.B.
bei der Kavallerie, den Jägern und den technischen Truppen; bestimmend als
Kopfbedeckung jedoch war der lederne, mit Metallverstärkungen und -verzierungen
versehene Helm, genannt Pickelhaube [vgl. Filmfotos]. Viele andere deutsche
Bundesstaaten übernahmen ihn für ihre Truppenkontingente, und nach dem
siegreichen Krieg 1870/71 sogar eine ganze Reihe europäischer und
außereuropäischer Staaten, darunter auch die USA, was wenig bekannt ist.
Auch
in den 1. Weltkrieg zog das deutsche Heer zunächst unter der Pickelhaube. Sehr
bald zeigte sich jedoch, dass dieser Helm in den mehr und mehr zunehmenden
Materialschlachten seinen Trägern kaum Schutz bot. Die kriegstechnische
Entwicklung hatte somit ein militärisches Symbol überrollt. Ausgelegt war die
Pickelhaube ursprünglich gegen Säbelhiebe und eventuell noch gegen Stiche.
Gegenüber der Infanteriemunition, aber auch gegen Granatsplitter, war diese
Lederhaube völlig wirkungslos.
Im zweiten Jahr des 1. Weltkrieges, 1915,
wurde beim XVIII. Armeekorps eine Untersuchung durchgeführt, die erbrachte, dass
83 Prozent der Kopfverletzungen von Splittern herrührten, die zumeist winzig
klein waren. Nur 17 Prozent wurden durch Infanteriegeschosse verursacht. Dies
ließ die Frage nach einem speziellen Kopfschutz aufkommen. bereits im Februar
1916 wurde dann die Einführung eines "Stahlschutzhelmes", so die offizielle
Bezeichnung, durch den Chef des Generalstabes des Feldheeres, General von
Falkenhayn, verfügt. Als Erfinder galten drei Personen. Da sowohl technische als
auch anatomische Probleme zu lösen waren, arbeiteten der Professor der
Technischen Hochschule Hannover, Friedrich Schwerd, der im Krieg Hauptmann der
Landwehr war, und der Chirurg, Professor Dr. August Bier, Marinegeneralarzt und
beratender Chirurg des XVIII. Armeekorps, eng zusammen. Das Problem bestand
darin, einen Helm zu erfinden, der nicht nur relativ leicht war, sondern auch
möglichst kugelfest und splittersicher sein sollte. Es wurde schließlich ein
einteiliger Helm aus vergütetem Chromnickelstahl mit einem Augen- und einem
Nackenschutz entworfen. Die typische und wohl einmalig gelungene Form erhielt
der Helm von der Gattin des Professors Schwerd.
Im November 1915 war der neue
Helm mit einer Metallstärke von 1 mm auf dem Artillerieschießplatz Kummersdorf
Beschussversuchen unterworfen worden, die zur vollsten Zufriedenheit verliefen.
Selbst Schrapnellkugeln aus nächster Entfernung vermochten diesen Helm nicht zu
durchschlagen. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges wurden 7,5 Millionen Stahlhelme
produziert und an die Truppe ausgeliefert.
Letzte Aktualisierung:
06.01.10
Michael Pohl