Waffen der preußischen Armee

17./18. Jahrhundert

Degen
Die langen Griffwaffen mit gerader Klinge hatten sich aus dem mittelalterlichen Schwert weiterentwickelt. Die Verbesserung der Stahlqualitäten und die damit verbundenen elastischeren und auch leichteren Klingen führten zum Degen. Der Degen gehörte von Anfang an zur Bewaffnung des Fußvolks. In Brandenburg-Preußen hatte jeder Infanterist bis 1715 einen Stoßdegen. Allgemein waren die Klingen der Dienstwaffen etwa 85 cm lang. Bei der Typenwahl des Gefäßes spielte einmal die leichte Handhabung, aber auch das Schutzbedürfnis eine Rolle. Regulärer Nachfolger des Schwertes wurde der Reiterdegen, der in der Regel 90 cm lang war. Ab 1732 gab es ein einheitliches Modell für die Kürassiere, ab 1735 auch für Dragoner.

Säbel
In Preußen erhielten die 1721 errichteten Husaren aus der Potsdamer Manufaktur einen Säbel nach ungarischem Vorbild, bei der die Klinge 80 cm lang war und zwei Hohlkehlen besaß. Das Gefäß bestand aus Eisen. Die Offiziere hatten sich ihre Säbel selbst zu beschaffen. So waren sie recht unterschiedlich, vor allem bei der Ausgestaltung des Gefäßes und des Scheidenbeschlages. Im Prinzip waren die Säbel aller leichten Reiter Europas in dieser Zeit recht gleichförmig. In den letzten Jahren dieses Zeitraums tauchten zunehmend Reiterdegen auf, die als Übergang zum Säbel leicht gebogene Klingen besaßen. Auch bei der Infanterie sollte sich der Säbel, wenn auch mit verkürzter Klinge durchsetzen. Prototyp wurde der im Jahre 1715 eingeführte preußische Infanteriesäbel. Ursprünglich war seine Klinge 58 cm lang, sie wurde 1744 um 6 Zoll (etwa 15 cm) gekürzt.

Pike
Die Unteroffiziere der preußischen Armee trugen zunächst Hellebarden, dann das nur 2,35 m lange partisanenartige Kurzgewehr alter Art, das nach 1740 bei den Regimentern, die für das erste Treffen der Schlachtordnung vorgesehen waren, durch das über 3 m lange Kurzgewehr neuer Art abgelöst wurde. Fällten die hinter den drei fest aufgeschlossenen Gliedern stehenden Unteroffiziere diese Waffe, sollte die Spitze noch vor das erste Glied ragen. Bei den Grenadieren erhielten die ältesten Unteroffiziere einer jeden Kompanie 1756 eine noch längere, etwa 4 m lange Pike, die, weil Grenadiere ja keine Fahnen hatten und somit im Pulverqualm der Richtungspunkt fehlte, in der Mitte der Bataillonsaufstellung standen und so die Fahnengruppe vertraten. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden diese Kurzgewehre von Offizieren und Unteroffizieren vielfach abgelegt, man trug dann Bajonettgewehre.

Bajonett
Mitte der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kamen als neue und besondere Blankwaffen die Bajonette hinzu. Eigentlich sind sie aber Bestandteile des Feuergewehrs. Doch gab ihr Erscheinen neben der technischen Verbesserung der Feuerwaffen den entscheidenden Grund für das Verschwinden der Piken. In Preußen wurden die letzten auf den Gewehrlauf aufschiebbare Bajonette 1705 abgelegt. Um das Jahr 1700 tauchten dann Tüllenbajonette mit einem horizontal abgeknickten Arm auf, der nun auch das Laden des Gewehrs bei aufgesetztem Bajonett ermöglichte. Waren solche Flinten vorhanden, verschwanden die Schweinsfedern aus den Heeren. In Preußen waren Bajonette vor 1728 relativ schwach, spitz und messerartig, danach ebenfalls dreischneidig mit einer Klingenlänge von 43 bis 44 cm. Unter Friedrich dem Großen sollen dann die ersten beiden Glieder längere Bajonette erhalten haben. 
 

Muskete
Schon zu Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte sich als Hauptwaffe das Feuergewehr mit glattem Lauf herausgebildet. Es war eine Waffe, bei der die Kugel von vorn, also von der Laufmündung her eingebracht wurde. Die dafür benutzte Kugel musste kleiner sein als der Laufinnendurchmesser, folglich selbst in den Lauf rollen. Die Masse sollte die fehlende Qualität des Einzelschusses ersetzen. Zunächst hieß das glatte Gewehr des Infanteristen allgemein noch Muskete, nach der Annahme des Steinschlosses dann Flinte (fusil). Dieser Name war vom Feuerstein, dem Flintstein abgeleitet, der zur Erzeugung des Zündfunkens diente. Je schneller und je mehr man schoss, desto größer schien der Erfolg zu sein. Die "Musketiere" wurden während des Ladens und im Nahkampf von Pikeniers gedeckt.  
 

Gewehr
In Preußen führte man vor 1700 eine Steinschlossflinte ein, ein neues Muster gab es unter Friedrich Wilhelm I., als ab 1713 aus Lüttich Gewehre gekauft wurden. Nach gleichem Muster wurden dann ab 1723 in Potsdam eigene Gewehre gebaut. Man versorgte die eigene Armee, arbeitete aber auch für den Export. Das Muster von 1740 mit seinem als »Kuhfüß« geformten Schaft blieb maßgebend für die Zeit des Siebenjährigen Krieges und danach. Erst 1780 und 1787 kamen neue Modelle. Je schneller und je mehr man schoss, desto größer schien der Erfolg zu sein. Dieses Bestreben sollte das Merkmal des gesamten Zeitalters werden. Stationen dazu waren schnelleres Laden durch die Papierpatrone, bessere Zündweise durch das Steinschloss, gefälligere Schäftung, stählerne Ladestöcke, zuletzt in zylindrischer Form, und schließlich das konische Zündloch. Zu diesen technischen Verbesserungen trat ein unablässiges Üben, ein maschineller Drill.

 

Karabiner
Bei den Reitern hatte jeder Mann eine Garnitur Feuerwaffen. Diese bestand aus einem längeren Rohr, in Deutschland Karabiner genannt, und einem Paar Pistolen, die zur Pferdeausstattung gehörten. Der Karabiner war leichter als das Infanteriegewehr und hatte auch ein kleineres Kaliber von etwa 17 mm. Zu Pferd wurde er zusammen mit dem Pflock an den Sattel gebunden. Brauchte man ihn zu Pferd, hängte man ihn mit einem Ring in den Karabinerhaken des Bandeliers. Daher hatten alle Reiterwaffen an der linken Schaftseite eine eiserne Laufstange, auf der dieser Ring lief. Auf die Dragonerkarabiner konnte ein Bajonett aufgepflanzt werden, Husarenkarabiner waren kürzer. Als Schloss hatten Reiterwaffen zuerst nur Radschlösser, die im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts allmählich vom Steinschloss verdrängt wurden.

 

Kanone, Haubitze und Mörser
In Preußen bestand 1740 die Feldartillerie nur aus vier Kanonenkalibern (24-, 12-, 6- und 3pfündig), einer 18pfündigen Haubitze und noch 50- und 75pfündige Mörser, ab 1742 auch noch einer 10pfündigen Haubitze. Die schwereren Kanonen waren meist Kammerstücke, ihre Erfolge wurden noch 1745 bei Hohenfriedberg sehr gerühmt. Im Siebenjährigen Krieg gab man wegen der schwierigen Ladeweise diese Kammerstücke auf und ließ die schweren 24pfünder zu Hause. Die von Major Holtzmann 1740 vorgeschlagene Kastenprotze, die den ersten Munitionsbedarf enthielt, bewährte sich so, dass in den Jahren 1777/78 solche Protzen auch bei den 6pfündigen Kanonen und 7pfündigen Haubitzen eingeführt wurden. Alle Feldgeschütze hatten seit 1769 den Richtkeil mit horizontal liegender Schraube. Vom Jahre 1770 ab geschah dann der Umguß des Feldartilleriematerials. Bei den 12pfündern bestanden immer noch drei Arten mit 22, 18 und 14 Kalibern Rohrlänge, bei den 6pfündern mit 22 und 18 Kalibern Länge und bei den 3pfündern nur noch 20 Kaliber. Preußische Rohre trugen auf dem langen Feld als Zierat den königlichen Namenszug mit der Devise: ultima ratio regis, auf dem Bodenstück den Adler mit der Inschrift: pro gloria et patria. Die Henkel hatten eine Greifenform. Bei den leichten Mörsern war oft Rohr und Fuß zusammen in einem Stück gegossen. Solche Stücke bezeichnete man als »Schemel- oder Fußmörser«. Lafetten für Mörser gab es als Wandlafetten, aber auch als stabile Blocklafetten oder »Schleifen«.

Kanone                                 Haubitze                                     Mörser

1. Hälfte 19. Jahrhundert

Die Hieb- und Stichwaffen änderten sich wenig im Laufe des 19. Jahrhunderts. Länger und stabiler als der leichte Degen der Offiziere blieb die Waffe der schweren Kavallerie:
 

Degen
Der Reiterdegen, damals auch Pallasch genannt. Für ihn war seine etwa 95 bis 100 cm lange gerade, einschneidige, nur an der Spitze zweischneidige Klinge charakteristisch, mit ihrer doppelten Hohlkehle zudem deutlich leichter. Das Gefaß bestand aus einem runden Griffbügel mit drei Terzspangen, das am Stichblattende einen gebogenen Rand besaß, um ein Abgleiten der gegnerischen Klinge zu verhindern. Maßgebend für die nun gebrauchten Muster wurde der französische Kürassier-Degen, den in gleicher oder ähnlicher Form auch Preußen, Russland und Bayern führten. Der in Preußen bis zum Jahre 1876 benutzte Kürassierdegen M 1817 bestand aus solchen Originalstücken aus französischer Produktion, die als Beutestücke behalten wurden.

Säbel
Die üblichen Reitersäbel entsprachen dem traditionellen ungarischen Typ mit seiner breiten, etwa 80cm langen Klinge und der relativ großen Krümmung ( Pfeilhöhe etwa 50 bis 80 mm). Es war eine einschneidige Rückenklinge mit flachen Hohlkehlen, nur an der Spitze zweischneidig (Schör). Das Gefäß bestand aus einem oben nach vorn gezogenen Holzgriff, der mit Leder oder Draht bewickelt war. Oben saß eine Griffkappe, unten eine Parierstange mit Griffbügel, an der Parierstange Mitteleisen zum Halten, bei den älteren Holzscheiden, bei Eisenscheiden nur noch Lappen. Ein typischer Vertreter war der preußische Kavallerie-Säbel M 1811, der sogenannte »Blüchersäbel«.

Gewehre
In Preußen war die Masse der Infanterie mit dem im Jahre 1782 festgesetzten Gewehr bewaffnet. Diese Waffe war nach Kriegserfahrungen für eine höchstmögliche Feuergeschwindigkeit mit gut exerzierter Mannschaft gedacht. Der Lauf wurde in damals üblicher Art mit Stiften am Schaft befestigt, das Schloss war das normale Steinschloss. Gegenüber anderen Gewehren gab es aber zwei wesentliche Unterschiede: Einmal besaß der sogenannte »zylindrische« Ladestock zwei gleich starke Enden, so dass man sich das damals übliche »Wenden« des Stockes beim Laden ersparen konnte. Dann war das Zündloch konisch gebohrt, sein erweitertes Ende begann schon in der nun verlängerten Schwanzschraube. Es ließ beim Laden das durch die Laufmündung eingebrachte Pulver gleich wie durch einen Trichter in die Zündpfanne rieseln. Damit entfiel das gesonderte Aufschütten des Zündpulvers auf die Pfanne. Mit einer solchen Waffe waren dann bei gutgedrillter Mannschaft Höchstleistungen im Schnellfeuer zu schaffen.

Kanonen und Haubitzen
Preußen besaß zunächst sein altes Material mit 12-, 6- und 3pfündigen Kanonen sowie 7- und 10pfündigen Haubitzen. Nach den starken Verlusten in den Kriegsjahren 1806/07 führte man auch viel fremdes Material, das aber ab 1816 aus dem Feldetat entfernt wurde. Es blieben 12- und 6pfündige Kanonen sowie 10- und 7pfündige Haubitzen in der Ausrüstung, die alle mit den leichteren eisernen Achsen versehen waren. Nach langen Versuchen beschloss man 1842 ein neues leichteres System, das nur noch aus 12- und 6pfündigen Kanonen und der 7pfündigen Haubitze bestehen sollte. Doch erst im Jahre 1853 waren die letzten alten Geschütze aus der Feldartillerie ausgeschieden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass — abgesehen von Sonderaufgaben —bei der Feldartillerie nur noch zwei Kanonenkaliber und ein Haubitzekaliber übriggeblieben sind.
In Preußen kostete im Jahre 1815:
die dreipfündige Kanone mit 6 Pferden 1542 Taler
die sechspfündige Kanone mit 12 Pferden 2635 Taler
die zwölfpfündige Kanone mit 22 Pferden 4251 Taler
die siebenpfündige Haubitze mit 14 Pferden 2408 Taler.
 

2. Hälfte 19. Jahrhundert


Zündnadelgewehr
Den Auftrag zur Fertigung von 60.000 Zündnadelgewehren erteilte König Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1840. Dafür errichtete Dreyse mit Hilfe von Staatskrediten seine Gewehrfabrik in Sömmerda. Die Produktion lief nur langsam, die fertigen Waffen gelangten sofort in das Berliner Zeughaus. Aus Gründen der Geheimhaltung wurden sie dort zunächst als »leichtes Perkussionsgewehr« bezeichnet, nur die Arbeiter in Sömmerda wussten genaueres. Bis zum Zeughaussturm in den Wirren des Jahres 1848 blieb das Geheimnis gewahrt, dann fand eine Reihe von Waffen den Weg ins Ausland. Nun erhielten die Füsilierbataillone das neuartige Gewehr, das seinen ersten Einsatz bei der Niederschlagung der Aufstände in Dresden, dann in der Pfalz und in Baden erlebte. Natürlich erweckte Dreyses Hinterlader das Interesse der militärischen Fachwelt

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Kanonen und Haubitzen
Um die Jahrhundertmitte hatten zumindest die Feldartillerien ein großenteils neugeschaffenes, erleichtertes Material an altbewährten glatten Geschützen, bei denen sowohl Wirkung als auch Beweglichkeit recht ausgewogen berücksichtigt waren. Die Mehrzahl der Artilleristen glaubte noch, mit nicht weniger als drei Typen, zwei Kanonen und einer Haubitze, auskommen zu können. Das zeigt recht deutlich die Auswahl der mit dem preußischen System C 42 festgelegten Geschütze, die in anderen Staaten ähnlich war.


 

Letzte Aktualisierung: 06.01.10                                                                                                                                                                    
Michael Pohl